BriMa

Ein täglicher Text Austausch seit Beginn der Coronakrise mit Brigitte Imeriali.

 

Auswahl Textbeispiele: BI -> Brigitte Imeriali und MW -> Maja Wagner

 

13. April 2021

wer jetzt nicht offen ist

verliert eine Ewigkeit

wer jetzt nicht wach ist

bleibt allein

wer jetzt nichts bewegt

gibt sich auf

komm wir wagen den Augenblick

komm wir tauschen uns aus

komm wir spielen das Leben

MW

 

so lange die Augen in den Himmel blicken

so lange Orion dort steht und wacht

so lange der Blick den Wolken folgt

so lange du meinen Augenblick atmest

so lange ist das Spiel nicht aus

denn zwischen Augenblick und Augenblick 

wohnt die Ewigkeit

BI

 

18. April 2021

heute mäandert der Morgen

in die Gegenwart

nimmt Gestern mit ins Morgen

wäscht und bürstet beide

trägt sie auf allen Armen

in den Augenblick

MW

 

und Grün breitet sich aus

auf allen Ebenen

zuoberst in den Bäumen

locken die Vögel

sie brauchen mehr Himmel

BI

22. April 2021

mit Erdbeeraugen ins Licht blinzeln

langsam reif und süss werden

für den Fuchs und seine Freunde

ganz aufgehen im Schatten der Grossen

MW

 

reif werden 

für den heutigen Tag

er sitzt auf meinen Schultern

und lässt sich tragen

fröhlich winkt er 

im Vertrauen 

dass ich ihn 

an sein Ziel bringe

BI

11. Mai 2021

Nebel verschlingen Wald und Wiesen

wer nicht aufpasst wird grau

da schlägt ein Hase

der Angst Hacken

Nichts nimmt Wald und Feld

MW

 

was übrig bleibt vom Nichts

muss nun gefunden werden

es versteckt sich im Wald

der vom Nebel verschlungen wurde

es zirpt solange es noch hell ist

schnüre dir die Stiefel und geh los

BI

20. Mai 2021

sie segeln sie flügeln

sie stürzen hinab

steigen auf

kreisen

mit Freude

wie Engel

nur ihre scharfen Schreie

und Schatten

sind höllisch

MW

 

die Hölle heissgemacht

und fliegst du 

zu nahe daran vorbei

steigst du mit versengten Flügeln

wieder auf 

wirf den Schatten in die Luft

und steige höher

BI

28. Mai 2021

ich grüsse die Berge

und koste von ihrem Schnee

zwischen

Ewigkeit und Eintagsfliege

flirten wir

und wachsen zusammen

MW

 

im Spiralnebel verirrt

auf der Milchstrasse verfahren

hinter dem Vollmond versteckt

bin ich doch froh

dich in der Ferne zu ahnen

um dann und wann

einen Augenblick zu teilen

BI

8. Juni 2021

hörst du

das Milchgeschirr klimpern

Pferde scharren

die Haare wachsen

die Welt älter werden

die Steine trocknen

hörst du die Grenzen fallen

in dir

MW

 

Wortwechsel

schabt am Landesteg

hin und her

plätschert 

laut und deutlich

die Forelle nimmt 

den Ton ab 

und verwickelt 

den Flusskrebs

ins Gespräch

BI

31. Juli 2021

am Jura

bäumen sich Wolkenpferde auf

sie schnauben und scharren

bis sie der Himmel

mit seinem Blau füttert 

MW

 

jetzt sind sie unterwegs

zur Erde

in gestrecktem Galopp

über die Hasenmatt

vorbei an den alten Buchen

direkt in die weite Ebene

BI

1.August

der neue Tag kriecht

wie eine Schnecke ins Grün

überall rinnt Wasser aus der Nacht

und nimmt den Sommer mit

hoffentlich findet ihn die Sonne

bevor er bachab geht

MW

 

das können nur die Mauersegler

ohne Gruss 

still bei Nacht und Nebel

unseren Sommer verlassen

und zum nächsten fliegen

BI

14. August 2021

im Schatten der Bäume

baumeln blaue Gedanken

sie dämmern vor sich hin

verlieren sich im Sommer

vielleicht treiben sie Fühler

ins Paradies

wer weiss was sie dort finden

MW

 

die Fühler 

für einmal einrollen

blau machen

ohne rot werden

vertrauen dass 

der Schatten nicht

weit wandert

BI

17. August

im gestrickten Kleid

durch die Maschen fallen

nackt davonkommen

und das neue Kleid

links herum stricken

MW

 

inestäche

umeschlah

dürezie  und

abelah

weder Maschen noch 

den Faden verlieren

kannst du dir 

eine neue Welt stricken

nimm dir Zeit

BI

29. August 2021

ich liege auf der faulen Haut

mein Sonntag ist still

er sammelt Wolken

weil er noch regnen will

ob mein Himmel das mitmacht

MW

 

was wären Sonntage 

ohne Sonne

einfach Tage

aber auch Tage 

ohne Sonne

wären keine Tage

also 

kein Tag 

ohne Sonne!

BI

2. November 2021

der Morgen modert vor sich hin

kein Gelb mag ihn erheitern

seine Füsse stecken

im feuchtnassen Grau

seine Gedanken

im milchigen Licht

gut holt ihn der Mittag ein

MW

 

der Wind 

versucht Ordnung zu machen

an diesem Himmel

er treibt 

schwarz zu schwarz

grau zu grau

weiss zu weiss

und am Abend jagt er

seine Wolken hinter die Berge

er will mit den Sternen 

alleine Feierabend halten

BI

9. November 2021

und immer wieder

dieses Gold

in der Luft

breitet sich aus

und bringt uns zum Leuchten

MW

 

Leuchtturm sein im Herz

mit den Füssen im Wasser

grüssen von weitem

BI

24. November 2021

mein Maulwurf wirft Fragen auf

stehst du auf dem Kopf

was geht dir unter die Haut

kennst du deinen Teufel

spielt er eine Rolle

ist er bei dir zuhause

redest du mit ihm

wenn ja was

und was ist mit Gott und den Engeln

bitte antworte mir bald

MW

 

mein Teufel ist mir gut

er verwöhnt mich

er begleitet mich wohin ich geh

er lächelt mir zu

zuweilen aus dem Spiegelbild

er spielt so gerne mit mir

er ist zuvorkommend

ist schon da wenn ich ankomme

wir umarmen uns

mein Teufel ist mir gut

BI

27. November 2021

die SeiltänzerInnen sterben aus

auf dem Sockel der Vorstellung

blüht das heilige Ich

die Zeit beisst sich die Zähne aus am Wir

denn ihr Brot ist hart

MW

 

wir kommen nicht vom Fleck

schon schmilzt der Schnee

rund um uns herum

verwurzelt in der Zeit

die sich selber

in den Schwanz beisst

träumen wir vom Fliegen

BI

7. Dezember 2021

Licht tanzt dem wilden Himmel

auf der Nase herum

seine Augen leuchten

vielversprechend

vielleicht brennt er wieder durch

heute Abend

MW

 

sag mir wie der 

Schnee riecht

und ich verrate dir 

das Geheimnis 

des Winterhimmels

BI

18. Dezember 2021

Schafe grasen im Schnee

Sorglos schenken

sie der Welt

den Frieden

den Weihnachten

verspricht

MW

 

unerwarteter Auftritt

vom Mond

pausbackig und vollmundig

redet auch er

von Weihnachten

BI

 

30. Dezember 2021

das alte Grün gähnt

Frühlingsträume tanzen ihm

auf der Nase herum

der Winter lacht

er bringt im Schnee

die Sterne zum Blühen

 

so alt wie jetzt

war dieses Jahr noch nie

es beginnt sich

an den Rand

des Himmels zurück zu ziehen

und formt einen weiteren Ring

um die Ewigkeit

BI

10. Januar 2022

am Wolkenrand legt ein Lichtflügel

sein Gold in den kalten Morgen

bevor die Sonne ihre Stimme erhebt

den Winter mit grossen Worten wärmt

Während ein Maulwurf anfängt

den Frühling auszugraben

MW

der Kälte die Stirne bieten

so dass die Gedanken dahinter 

auf ihrem Weg erfrieren

nun liegt es an den tiefen Gedanken

den Maulwurf zu unterstützen

in seiner Ahnung vom Frühling

BI

22. Januar

mische
ein Stück Himmel 
mit einer Prise Salz

lass den Teig  
mit Wasser und Herzblut 
ruhen 
bevor du dein Brot formst 
backe es
und verschenke es 
der nächsten Person
die dir begegnet

MW

 

den Rücken an den dicken Stamm gelehnt

oben die Äste, die Zweige

die Knospen 

im neuen Licht

alles bereit

den Rücken an den dicken Stamm gelehnt

isst sie das Brot

das sie geschenkt bekam

BI

30. Juli 2022

wer frisst

den Augenblick 

mit Haut und Haar

ohne die Ewigkeit

auszuspucken

MW

 

die Gurken hängen 

an ihren Stauden

wie Socken 

die zum trocknen

an der Leine baumeln

grün in den höchsten Tönen

BI

19. September 2022

langsam werden die Quitten

gelb und runzlig

wie meine Gedanken

MW

 

das Schafsflies voll

Sommersonne

in den Herbstwind hängen

warme Gedanken eilen dem Winter entgegen

BI

 

9. Oktober 2022

mit allen Armen

ein Stück Himmel ergreifen

von seinem Blau kosten

und lauschen

wie es aufgeht in uns

MW

der Wald 

rollt seinen Teppich 

vor meinen Füssen aus

ich verneige mich

bevor ich ihn betrete

rot gelb braun

wage mich kaum 

darauf zu gehen

BI

18. Oktober 2022

grosse Worte

ins Feld werfen

den Frieden

auf die lange Bank schieben

dann die Rüstung polieren

MW

 

kleine Worte

im Herz wärmen

sie dem Frieden zu Füssen legen

dann in Liebe aufgehen lassen

BI

21. Oktober 2022

überall frisst sich dieses Grau

ins Land

begrenzt tasten wir uns

durch den Tag

wer weiss

wann wir wo ankommen

MW

angeschwemmte Worte

lose am Strand

woher wohin

wer weiss

und wann

 

22. Oktober 2022

der Tag ist ein Schaf

steht verloren in der Zeit

das Wort Himmel

liegt ihm auf der Zunge

MW

 

mähh, jetzt ist es heraus

BI

21. November 2022

vor der Tür reibt sich

der Winter die Hände

während meine Gedanken

zusammengerollt

auf dem Ofen schlafen

MW

 

die Berge 

sind zusammengerückt

damit sie alle

unter der Schneedecke

Platz haben

BI

 

25. Dezember 2022

Weihnachten

unter Schafen

warm und wohlig

eins werden

im Stall

MW

 

ich sah den Nebel

hinter den Hügeln wegschleichen

nun hat er sich vor den Bergen 

aufgebaut und ruft:

schau her, ich bin das Gebirge!

wer sich dort anlehnt fällt ins Leere

BI

24. Januar 20223

auf in den Tag

vorbei an den Höfen

hinauf zum Wald

Hunde bellen

der Mist dampft

verschenkt seine Wärme

dann wird es still

der Wald schaut mich an

fällt tief in mich hinein

ich trinke seine Worte

MW

 

der Januar schiebt

eine ruhige Kugel vor sich hin

wo nimmt er diese Ruhe her

in dieser bewegten Zeit

BI

27. Januar 2023

festgefroren der Schnee

in der Einöde Grau

seine Ewigkeit knirscht

unter unseren Füssen

wir verlieren uns

in seinem Feld

Nichts auf unseren Fersen

MW

 

wo Fuchs und Dachs und Reh

sich treffen

ist nicht mehr geheim

ihre Spuren - eingefroren

reden eine deutliche Sprache

BI

9. Februar 2023

im Dunst flüstern

die Berge miteinander

Tratsch von gestern

sie kichern tuscheln

hinter vorgehaltener Hand -

zeitloses Geröll

MW

 

heute Morgen

atmen alle Häuser

die Nacht aus

gähnen und lassen

ihre Rauchfahnen

durch den Kamin

zum Himmel steigen

der Mond schaut 

dem Flattern kopfschüttelnd zu

BI

 

12. Februar 2023

die Schattenseite des Morgens hängt

an Winterworten

die sich hinter blauen Lippen

auf Schneezungen legen

langsam schmelzen

weichgeklopft vom Tageslicht

MW

 

in der Morgendämmerung

verliebe ich mich gleich

in diesen Tag

er errötet darüber

will sich nicht festlegen

immerhin darf ich

an seiner Hand 

spazieren gehen

BI

25. Februar 2021

Träume

unter den Füssen

regen mich immer an

das Unmögliche zu wagen

der Stille die Haut

über den Buckel zu ziehen

bis meinen Füssen Flügel wachsen

und ich über meinen Ton springe

MW

 

während der Fuchs

sich im Rosengarten an den Dornen

seinen Winterpelz abreibt

wartet die Schlange noch ruhig zu

fährt noch nicht gleich aus der Haut

sie wartet auf den richtigen Ton

der sie erweckt

BI

13. April 2021

wer jetzt nicht offen ist

verliert eine Ewigkeit

wer jetzt nicht wach ist

bleibt allein

wer jetzt nichts bewegt

gibt sich auf

komm wir wagen den Augenblick

komm wir tauschen uns aus

komm wir spielen das Leben

MW

 

so lange die Augen in den Himmel blicken

so lange Orion dort steht und wacht

so lange der Blick den Wolken folgt

so lange du meinen Augenblick atmest

so lange ist das Spiel nicht aus

denn zwischen Augenblick und Augenblick 

wohnt die Ewigkeit

BI